Bericht aus der "Fuldaer Zeitung" vom 12. September 1998

"Querschnitt" nennt sich die Ausstellung des Kunstvereins Fulda,
die bis zum 10. Oktober im Vonderau Museum zu sehen ist

Luzie Kremser "Fuldaer Zeitung" 12.9.98

Majestätisch wacht sie, in rote Gewänder gehüllt, über die erste Etage. Stolz reckt Thomas van de Schecks teuflische "Seelenfresserin" (mangiatrice di anime) ihr gehörntes Haupt dem Betrachter und all denen entgegen, die auf Leinwände gebannt um sie herum einen Querschnitt durch die Arbeit des Kunstvereins Fulda geben. Da ist zum Beispiel die schöne Blonde, die ihr an den Plastiken in der Mitte des Raumes vorbei einen herausfordernden Blick zuwirft. Daneben grinst der zwei Meter großen Verführerin ein Affe so schamlos ins Gesicht, daß der Betrachter zwangsläufig die Luft anhällt.

Von alledem unberührt zeigen sich die roten Gipsköpfe zu ihrer Rechten. Als Hommage an sei Patenkind hat der Fuldaer Matthias Martens sie in einer Art Gen-Code, mit dem Titel "3. September 1998", angeordnet. Auch die Furchteinflößenste Teufelin hätte bei so viel Leben keine Chance. Vielleicht durften die kleinen Äuglein auch schon einen Blick in die untere Etage werfen. Dort hat Mieke Verlinden unter dem Titel "Dann geht´s ab" himmlische Wolken für die Apokalypse vorbereitet. Nur die "Seelenfresserin" hat es noch nicht gemerkt.

Van de Scheck, Martens und Verlinden sind drei von 58 Künstlern, die bis zum 10. Oktober 124 Werke auf drei Etagen des Vonderau Museums präsentieren. Von märchenhaften Welten bis zu großäugigen Fröschen, von naiven Rhönlandschaften bis zu abstrakten Werken reicht die Palette der Bilder, die durch Fotografien, Skulpturen und Installationen ergänzt wird. Ihre Vielfalt hat die Ausstellung der Tatsache zu verdanken, daß sie ohne Motto, Jury und Auswahlkriterien von den Künstlern zusammengestellt wurde.

"Querschnitt" soll nichts Neues, aber etwas Verständlicheres sein als Demonstration der Kreativität eines Jahres, wie der Kunstvereinsvorsitzende Dr. Hartmut Krüpe bei der Vernissage erläuterte. "Wir wollen weg von der Jahresausstellung, in der die kreativen Ergebnisse eines Jahres gezeigt werden, und statt dessen aufzeigen, wer die Künstler sind und wie sie arbeiten", so Krüpe. Kunst diene nicht dazu, jemanden zu erleuchten oder zu belehren, sondern zum Anregen, Erregen, Aufregen und zum Vergnügen. Zuvor hatte Fuldas Oberbürgermeister Dr Alois Rhiel in der Kapelle de Museums die Verschiedenheit des künstlerischen Schaffens angesprochen. In Zeiten, in denen die emotionale Seite des Lebens immer mehr in den Hintergrund gedrängt werde, müsse man Kunst einem breiten Publikum verständlich machen. Die Veranstaltung wurde musikalisch von Christina Rümann (Sopran) und Christop Müller (Klavier) umrahmt. Die Ausstellung "Querschnitt" ist außer montags täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.